|   Tauchberichte

Besuch des tiefsten Tauchturms der Welt

Ein Bericht von Gerd-Thomas mit Fotos von Christoph, Dirk


Es ist Dezember 2009. Weihnachten ist gerade vorbei. Das Wetter ist kalt, die Tauchgewässer ebenfalls, der Boden gefroren und mit Schneeresten bedeckt, der Wind eisig, Schneeschauer wechseln sich mit Regenschauern ab. Nur die sehr Hartgesottenen zieht es da zum Tauchen in die Freigewässer unserer Breiten.

Die anderen suchen nach wärmeren Alternativen, um ihrem Hobby nachzugehen. Tauchurlaub in den Tropen oder Subtropen kommt einem da spontan in den Sinn. Doch wir fanden eine „näher liegende“ und günstigere Alternative - in Brüssel! Brüssel??? - nicht unbedingt vorrangig bekannt als Tauchziel. Doch dort gibt es das Indoor-Tauchzentrum „Nemo33“ mit einem Tauchturm von 33 m Tiefe und gefüllt mit 33°C warmem Wasser. Dort findet man also ideale Voraussetzungen, um unter angenehmen Bedingungen auch einmal Dinge zu üben, die im Freiwasser eher unterbleiben, wie z.B. in großer Tiefe die Maske auszublasen oder die Wechselatmung. Außerdem bietet sich hier auch die Möglichkeit, gefahrloser und entspannter als im Freiwasser Apnoe-Tieftauchübungen zu machen. Das reichte als Attraktivitätsfaktoren für die Entscheidung zur Fahrt nach Brüssel.

So machten sich auf Anregung und durch Organisation von Olaf am 28. des Monats sieben Taucher des TSC Langenberg e.V. (Christoph, Dirk, Frank, Frederik, Gerd-Thomas, Olaf und Thilo) auf den Weg in die etwa 250 km entfernte belgische Hauptstadt, um genau in dem Tauchturm einen Tauchgang zu unternehmen.

Um 8.00 Uhr morgens ging’s los, und nach unproblematischer Fahrt erreichten wir gegen 11.00 Uhr unser Ziel. Nemo33 liegt im Stadtteil Uccle im Süden der Stadt und ist von außen recht unspektakulär, gleicht es doch eher der Halle eines Gewerbebetriebes.

Das Gedränge am Eingang verhieß zunächst nichts Gutes, denn außer uns hatten noch etwa 50 andere Taucher dieselbe Idee... Entsprechend lange dauerte die Zeremonie beim Check-In und forderte von denjenigen, bei denen Geduld und Gelassenheit nicht zu den ausgeprägtesten Tugenden gehören, starke Nerven.

Nach dem Umziehen stiegen wir zum Rand des etwa 20 x 15 m großen Beckens hinauf und legten dort die Leihausrüstungen an, die in ausreichender Zahl und guter Qualität zur Verfügung standen, teilten die Buddyteams ein, und hinein ging’s ins warme und klare Wasser.

Das Becken ist in unterschiedlich tiefe Bereiche gegliedert: Stehtiefe, 3 m, 5 m, 10 m – und dann natürlich der 33 m tiefe runde Schacht mit etwa 5 m Durchmesser. Nicht nur wegen des üblichen Tauchgangsprofils erwies es sich als gute Idee, möglichst frühzeitig in den Schacht abzutauchen, denn nach 20 Minuten sah man dort vor lauter Luftblasen der zahlreichen anderen Taucher kaum noch etwas. Doch wir konnten die besondere Erfahrung des Tauchens in einem so tiefen „Schwimmbecken“ relativ ungestört genießen.

Den längeren Teil des Tauchgangs verbrachten wir dann in geringeren Tiefen des Beckens, in dem es (außer Tauchern) allerdings ebenfalls nicht sehr viel zu sehen gab. Lediglich zwei rechteckige luftgefüllte Hohlräume unter Wasser sollten wohl so etwas wie Höhlen darstellen. Etwas Abwechslung gab es durch die mitgebrachte UW-Frisbee-Scheibe und den Blick durch die Glasscheiben in den Bar- und Restaurant-Bereich, in dem Frank für uns die Stellung hielt, denn eine plötzliche Erkältung hielt ihn leider davon ab, uns auch unter Wasser zu begleiten.

Nachdem alle Kacheln gezählt waren, verließen wir nach etwa einer Stunde das Wasser und machten uns gegen 14.00 Uhr auf, noch etwas von den sonstigen Attraktionen Brüssels zu ent-decken.

Zunächst ging es zum berühmten Atomium, einem 102 m hohen, 165-milliardenfach vergrößerten Modell eines Eisenmoleküls, das in den 1950er Jahren anlässlich der Weltausstellung im Norden der Stadt errichtet wurde und sich uns nach einer Restaurierung vor wenigen Jahren nun wieder edelstahl-glänzend vor strahlend blauem Himmel präsentierte.

Doch wir wollten Brüssel nicht verlassen, ohne wenigstens einen kleinen Eindruck von der Innenstadt zu bekommen. Nach staureicher Fahrt erreichten wir gegen 16.00 Uhr das „Herz“ der Stadt, den Grand Place, der durch seinen monumentalen Charakter zweifelsohne zu den schönsten Plätzen der Welt zählt. Dort bestaunten wir das platzbeherrschende Rathaus, das gegenüberliegende Maison du Roi sowie das einzigartige Ensemble der zahlreichen ehemaligen Zunfthäuser mit ihren ornamentreichen und teilweise vergoldeten Prachtgiebeln aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert.

In der wunderschönen Galérie Saint-Hubert, einer der ältesten überdachten Ladenpassagen Europas, kauften einige von uns für die lieben Daheimgebliebenen noch etwas von den weltberühmten belgischen Pralinen und Schokoladen. Wir selbst begnügten uns anschließend mit ebenso bekannten, aber mit den kunstvoll hergestellten Pralinen unmöglich vergleichbaren belgischen Pommes Frites.

Der Rückweg führte uns – inzwischen im Dunkeln - noch einmal über den Grand Place, auf dem uns an der gesamten Schaufassade des Rathauses eine großartige Illumination beeindruckte, die sich passend zur Lautsprechermusik ständig wandelte – prinzipiell vergleichbar einer Lichtorgel.

Das Letzte, das wir in Brüssel sahen, war das Manneken Pis, eine umstrittene, aber dennoch be-rühmte Sehens„würdig“keit in Brüssel.

Nach zweieinhalbstündiger Rückfahrt erreichten wir unseren Ausgangspunkt gegen 20.00 Uhr und freuten uns über einen gelungenen, unfallfreien und abwechslungsreichen Tag.

Fazit: Der Tauchgang war sicher eine interessante Alternative zu Freigewässertauchgängen in der kalten Jahreszeit. Doch der langwierige Check-In im Tauchzentrum sowie die hohe Zahl der Taucher im Becken trübten das Erlebnis ein wenig. Denn zeitweise konnte man einige Stellen, insbesondere den tiefen Schacht, einfach nicht betauchen, da sowohl der nicht enden wollende Blasenschwall die Sicht beeinträchtigte und an einen Whirlpool erinnerte als auch die sich zahlreich tummelnden Taucher die individuelle Bewegungsfreiheit unter Wasser einschränkten. Zudem wirkt die Gestaltung und Einrichtung des Beckens im Vergleich zu anderen Indoor-Tauchzentren, z.B. dem Montemare in Rheinbach, in dem man sich wenigstens in Ansätzen um die Gestaltung einer künstli-chen Unterwasserlandschaft bemüht hat, ziemlich phantasielos. Aber um einmal mit vertretbarem Aufwand unter tropischen Bedingungen im Winter in unseren Breiten einen außergewöhnlichen Tauchgang zu machen, lohnt sich ein Besuch des Nemo33 durchaus.

An dieser Stelle sei noch einmal Olaf ganz herzlich gedankt für die Idee und das Engagement bei der Organisation und Durchführung dieses Tages.
(c) gth