|   Tauchberichte

Als Tauchlehrer auf Mallorca

Ein Erfahrungsbericht von Gerd-Thomas

Im August 2011 habe ich vier Wochen als Tauchlehrer auf der Tauchbasis „Mero Diving“ in Cala Ratjada an der Ostküste Mallorcas verbracht. Dort konnte ich zahlreiche interessante Erfahrungen machen, von denen ich hier einige berichten möchte:

Der Tag auf der Basis begann für mich meist um kurz vor neun Uhr, gegen halb zehn kamen die Tauchgäste für den Vormittagstauchgang, um zehn Uhr begannen die Tauchgänge, mit dem Boot oder von Land aus. Danach mussten die Flaschen zum Füllen angeschlossen werden, und meist waren dann noch Interessenten für das Schnuppertauchen da.

In der Regel begann gegen halb eins die Mittagspause, bis dann um halb drei die Taucher für den Nachmittagstauchgang kamen, welcher um 15 Uhr begann. Ab etwa halb fünf konnte man sich dann mit den Aufräum- und Abbauarbeiten auf den Feierabend um sechs vorbereiten.  

Zu meinen Aufgaben dort zählten

  • Führung und Begleitung von Tauchgängen mit erfahrenen Tauchern vom Boot
  • Führung und Begleitung von Tauchgängen vom Land mit weniger erfahrenen Tauchern
  • Verantwortliche Leitung eines Anfängerkurses
  • Durchführung von Schnuppertauchgängen mit absoluten Anfängern
  • Mithilfe bei allgemeinen Arbeiten auf der Basis

 

Die Führung von Bootstauchgängen zählte dabei natürlich zu den Highlights. Die Tauchplätze sind allesamt in wenigen Minuten Fahrt mit dem PS-starken Motorboot erreichbar und bieten bei Sichtweiten von deutlich über 20 Metern wirklich eine wunderschöne Unterwasserlandschaft, da die Ostküste Mallorcas aus meist steil ins Meer abfallendem Kalkstein besteht, in dem sich in der erdgeschichtlichen Vergangenheit zahlreiche Grotten, Durchbrüche und Überhänge gebildet haben. Diese sind wunderschön bewachsen und lassen sich gut und sicher betauchen.

Die wohl schönsten Plätze heißen

  • „Großer Käse“, weil dieser vor der Küste liegende Felsblock so großräumig durchlöchert ist und schon in geringer Tiefe zahlreiche Möglichkeiten zum gefahrlosen Durchtauchen bietet. Der Blick durch die Öffnungen ins dahinterliegende offene Blauwasser ist alleine schon spektakulär, wird aber durch zahlreiche Fische (u.a. Barakuda-Schwärme, Muränen, Drachenköpfe, Brassen) zum unvergesslichen Erlebnis im sonst doch recht fischarmen Mittelmeer.
  • „Löwenkopfgrotte“. Auch diese Grotte ist völlig gefahrlos zu betauchen. Der Einstieg liegt in ca. 5 Metern Tiefe, es geht ca. 20 Meter in den Berg, man könnte darin auftauchen, aber das Umrunden eines in der Mitte liegenden Felsblocks, der an seiner höchsten Stelle die Form eines Löwenkopfes hat, liefert den m.E. schöneren Eindruck.
  • Von dort ist es nicht weit zur „Kathedrale“, und wer nicht übermäßig Luft verbraucht, kann diese beiden Grotten bei einem Tauchgang schaffen. Der Name kommt von der enormen Größe dieser Grotte.
  • „Cap Freu“ (sprich fre-u). Hier kann es mit bis zu 35 Metern vergleichsweise tief werden, ohne jedoch den empfohlenen Bereich der Sporttaucherei zu verlassen. Auch hier gibt es (in geringeren Tiefen) zahlreiche Spalten und Grotten, die das Tauchen dort ebenfalls ereignisreich werden lassen.

 

Wenn man es bis dahin noch nicht konnte, erwirbt man spätestens dabei auch Grundkenntnisse in Seemannschaft, also ankern, Belegen an der Klampe, Anker einholen und sicher befestigen (ggf. wieder abtauchen, um den Anker zu lösen...), Hilfe beim Ab- und Anlegen des Bootes usw.  

Die Tauchgänge vom Land mit unerfahrenen Tauchern waren natürlich nicht ganz so spektakulär, doch bietet die Unterwasserlandschaft dort in der Nähe der Basis mit „Marias Grotte“ und dem „Kleinen Käse“ auch zwei interessante Tauchplätze bis maximal 15 Meter Tiefe. Und obwohl ich ja sicher nicht im Verdacht stehe, der glühendste Verfechter des Kindertauchens zu sein, habe auch ich mit Kindern solche Tauchgänge unternommen (natürlich in geringen Tiefen), und sie waren anschließend begeistert...

In der Durchführung eines Anfängerkurses habe ich ja durch die Vereinsarbeit hinreichend Erfahrung, wenngleich man einen OWD-Urlaubstauchkurs nach SSI-Richtlinien sicher nicht mit der heimischen VDST-Bronze-Ausbildung vergleichen kann. Die Theorievermittlung geschieht dort durch Ansehen mehrerer Video-Sequenzen, und die Prüfung ist durch ein Lehrgespräch ersetzt. Aber wer hat auch schon bei 35°C Lust auf Theorie? Weder die Anwärter noch die Ausbilder! In der Praxisausbildung wird Wert gelegt auf sicheres Tauchen (natürlich!) und gutes Tarieren, wohingegen Notfallübungen weitgehend und Rettungsübungen völlig fehlen. Trotzdem habe ich keine Bedenken, die Teilnehmer meines Kurses (bis auf einen sehr netten, aber taucherisch völlig talentfreien älteren Spanier) in die Unterwasserwelt zu entlassen – zum Weiterlernen natürlich.

Da der August der touristenintensivste Monat ist, kamen fast täglich Interessenten für das Schnuppertauchen, teilweise sogar vor- und nachmittags. Das bedeutete natürlich Montage der Geräte, kurze theoretische Einweisung (auch schon mal auf Englisch) in die wichtigsten Themen und jeweils ca. halbstündige Tauchgänge bis 4 Meter Tiefe in der Bucht mit dem Ziel, den Interessenten zu einem „schönen“ Tauchgang zu verhelfen und ihnen einen ersten Einblick in die Unterwasserlandschaft zu verschaffen. Bei der Menge an Schnuppertauchern musste man sich nach einiger Zeit jedoch immer wieder selbst dazu motivieren...

Interessant und dem „normalen“ Urlaubstaucher größtenteils verborgen ist auch die Arbeit auf der Basis „hinter den Kulissen“. Montage der Fülleinrichtung, Aufbau der Außeneinrichtung, Bereitstellung von Ausrüstung usw. – und abends wieder Rückbau. Aber dadurch erhält man lehrreiche Einblicke in das Alltagsgeschäft einer perfekt organisierten kommerziellen Tauchbasis.

Die Zusammenarbeit mit den anderen Assistenten klappte hervorragend und nach einer gewissen Zeit auch fast ohne Worte, weil jeder wusste, was zu tun war – und es auch tat!

Getaucht wurde an sieben Tagen die Woche, d.h. tauchfrei gab’s nie – nur wenn starker Nordostwind unglaublich hohe Wellen verursachte und dadurch schon das Auslaufen des Bootes unmöglich machte. Das war an insgesamt vier Tagen der Fall, und dann sind wir teilweise noch mit Anfängern mit dem Basis-Bus in eine ruhige, aber unspektakuläre Bucht auf der windabgewandten Seite der Halbinsel gefahren. So bin ich in den vier Wochen auf insgesamt über 50 Tauchgänge gekommen, jeweils etwa zu einem Drittel Boots-, Bucht- und Schnuppertauchgänge. Der Durchschnitt lag bei zwei Tauchgängen pro Tag, das Maximum bei vier.

Die Atmosphäre auf der Basis war sowohl unter den „Tätigen“ als auch mit den Gästen ausgesprochen angenehm und von einem durchaus humorvollen, herzlich-rauen Ton geprägt. Nicht nur die norddeutsch-bodenständige Art von Udo, dem Basisleiter, sorgte dort immer wieder für Lacher und gute Laune.

Zu einem Ernstfall ist es auch einmal gekommen, allerdings nicht von Tauchern der Mero-Basis (die ist aufgrund der hohen Sicherheitsstandards von Beginn vor mehr als 40 Jahren an unfallfrei), sondern von Tauchern einer anderen Basis, die in „unserer“ Bucht Schnuppertauchen durchführten. Dabei ist ein Taucher (später stellte sich heraus, dass er Diabetiker ist, am Abend vorher reichlich Alkohol getrunken hatte und beides dem verantwortlichen TL verschwiegen hatte...) bewusstlos ans Ufer gebracht worden. Da musste ich dann erstmals den Rautek-Griff nicht nur zu Übungszwecken anwenden. Der Verunfallte kam aber in der stabilen Seitenlage bald wieder zu sich und wurde dann vorsorglich mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht.

Auch den Palstek „auf Zug“ – eine Übung, die ich ja immer als mehr oder weniger praxisfremde Schikane-Übung angesehen hatte – musste ich einmal anwenden, nachdem übermütige Badegäste die Heckleine des Mietbootes gelöst hatten.

Untergebracht war ich übrigens in einer großen Wohnung, die für die gesamte Saison von der Basis für die wechselnden Assistenten und Tauchlehrer gemietet war. Es gab ein großes Wohnzimmer mit großem Balkon, eine vollausgestattete Küche, zwei Bäder und für jeden ein eigenes Schlafzimmer. Da konnte man überhaupt nicht meckern, und auch das Zusammenleben mit den drei anderen (die zusammen ungefähr so alt waren wie ich alleine ;-))) war sehr angenehm und völlig problemlos. Oft haben wir abends gekocht und zusammen gegessen, bevor die Jungs sich dann ins Nachtleben gestürzt haben. Ich konnte dabei gut ertragen, sie nicht auf ihren Disko-Touren oder Schaumpartys zu begleiten...

Insgesamt war der Aufenthalt und die Tätigkeit dort für mich sehr schön, interessant und lehrreich. Schade, dass von unserem Verein in der Zeit niemand für Erlebnis- oder Prüfungstauchgänge da war. Aber: there’s always another chance - Im nächsten Jahr bin ich voraussichtlich wieder da!

Wenn ihr euch einen Eindruck von der Basis verschaffen möchtet, könnt ihr das auf der Website tun: www.mero-diving.com . Dort gibt es u.a. zahlreiche Fotos (vielmehr als hier eingestellt werden könnten) und unter der Rubrik „Team“ ganz unten seht ihr auch ein Foto von mir im Tauchanzug (das gibt’s wirklich...) und – mit Jacket! Aus irgendwelchen Gründen wollten sie nicht, dass ich dort mit meiner erprobten Klodeckel-Weste tauchte... ;-)